Dieser Artikel ist Teil unserer Zeitung zur Kommunalwahl 2025.
Autor*in: Vernetzung der Nordstadt-Zentren
Utopien wachsen in der Nordstadt
Die Dortmunder Nordstadt ist schon lange ein Viertel der Arbeiter*innenschaft, des politischen Widerstands und der Freiräume für Menschen und Ideen. Auch geprägt durch ihre Rolle als Ankunftsquartier und durch die vielfältigen, teils prekären Lebensrealitäten ihrer Bewohner*innen regt sie dazu an, Gesellschaft neu zu denken: solidarisch, inklusiv, von unten. Es wird deutlich, dass es Räume braucht, in denen Menschen zusammenkommen, sich austauschen, Utopien entwickeln und mit Leben füllen. Als selbstverwaltete Orte der Nordstadt bieten wir diese Räume – jeder Ort mit individuellen Schwerpunkten: Wir bieten Räume für Plena. Platz für Kindertreffen. Für Selbsthilfegruppen. Um Menschen aus der Nachbarschaft kennenzulernen. Um zu gärtnern. Um anzukommen. Wir bieten Zugang zu politischer Literatur, Foodsharing, Konzerten, Vorträgen, Partys, Diskussionen, Sportgruppen oder einfach Raum für ein entspanntes Feierabendgetränk. So gestalten wir ganz konkret eine solidarische Gesellschaft von unten, abseits kapitalistischer Konsumpolitik.
Der Ursprung
Der Ursprung einer Idee von selbstverwalteten Räumen liegt in der Jugendzentrumsbewegung der frühen 1970er Jahre und ist eng mit der Studierendenbewegung der späten 1960er Jahre verknüpft. Jugendliche und junge Erwachsene hatten das Bedürfnis nach Freiräumen ohne autoritäre Strukturen und Konsumzwang und begannen – nicht nur in den großen Städten, sondern insbesondere auch auf dem Land – sich Leerstände anzueignen und deren dauerhafte Nutzungen politisch zu erstreiten. Diese Orte dienten als Kulturorte und zur Freizeitgestaltung, insbesondere aber auch als Orte des politischen Austauschs und zur Planung von Protestaktionen.
Viele der damaligen selbstverwalteten Zentren institutionalisierten sich und wurden zu dem, was wir heute als Jugendfreizeiteinrichtungen kennen, andere lösten sich auf oder wurden zu Kultur- oder Politorten der freien Szene.
Selbstverwaltete Räume heute
Heute haben alternative und selbstverwaltete Räume im Stadtbild eine besondere Bedeutung. Vor allem unsere Innenstädte dienen kaum noch dem sozialen oder kulturellen Austausch. Konsum steht im Vordergrund, wodurch ärmere Menschen aus dem Stadtbild verdrängt werden. Viele kulturellen Angebote sind in Dortmund ebenfalls nur bei ausreichenden finanziellen Mitteln verfügbar und bilden oft nicht die Felder verschiedener Subkulturen ab. Es bleibt wenig Raum für Nachhaltigkeit, Gemeinschaft, Partizipation.
Unsere selbstverwalteten Orte versuchen, diese Lücke zu schließen. Sie bieten einen Anlaufpunkt für sozialen und politischen Austausch und dienen als Plattform für verschiedene kulturelle Angebote. Eine einfache Zugänglichkeit und vor allem das Fehlen eines kommerziellen Nutzens ist hier allen selbstverwalteten Läden gemein. Es geht um das Miteinander sowie das gemeinsame Erschaffen von Raum für Ideen und Projekte.

Warum ist das so wichtig?
Menschen fühlen sich zu rechten Gruppierungen und der AfD hingezogen, weil sie sich von der Politik und der Gesellschaft im Stich gelassen fühlen. Die AfD hat mit 28 Prozent den größten Anteil an Anhänger:innen mit weniger als 70 Prozent des mittleren Einkommens von allen Parlamentsparteien [1]. Viele Menschen haben Angst vor sozialem Abstieg und Armut. Damit das nicht zu einem gesellschaftlichen Gegeneinander, einem Wir und einem Die, führt, braucht es sowohl Räume politischer Bildung, politischer Auseinandersetzung und Diskurse als auch Orte der Begegnung. Es braucht Orte, an denen wir unsere Nachbarschaft kennenlernen, an denen wir uns zugehörig, als ein großes Wir fühlen können. Nicht zuletzt können wir aus diesen Zusammenschlüssen heraus als Nachbarschaft und als Stadtgesellschaft Forderungen an eine gerechtere Politik entwickeln und unsere Gesellschaft gemeinsam gestalten, anstatt Hass und Hetze gegeneinander zu verschärfen.
Was es dazu braucht
Um diese Orte bieten zu können, braucht es Ressourcen: Räume, Menschen, die sich und ihre Ideen einbringen, Mittel, um die Projekte umzusetzen. Dazu brauchen wir Unterstützung – von der Stadt und von der Stadtgesellschaft. Wir brauchen langfristige, sichere Miet- oder Pachtverträge bzw. Miet- oder Pachterlasse. Wir brauchen einen direkten Draht zum Stadtrat, der uns mit Kontakten in alle Bereiche der Stadtverwaltung hilft, um unsere Angebote und Veranstaltungen durchführen zu können. Wir brauchen Unterstützung bei Renovierung und anderen investitionsintensiven Projekten. Vor allem brauchen wir aber die Sicherheit, dass wir unsere Orte langfristig erhalten können und insbesondere auch vor rechten Angriffen, ob tätlich, medial oder verwaltungsrechtlich, geschützt werden.
Mach mit!
Wir sind uns einig: Wir brauchen starke, lebendige und unabhängige Orte, an denen Menschen zusammenkommen und sich füreinander und für ihre Utopien einsetzen! Das ist kein Selbstläufer, sondern braucht Menschen, die sich einbringen – jeden Tag! Das bedeutet: Nimm an Veranstaltungen teil und bring gerne noch ein paar Leute mit! Spende einmalig oder regelmäßig, um Kosten für Miete, Artists, Projekte etc. zu decken. Aber auch: Wenn dich ein Ort oder eine spezielle Veranstaltung interessiert, nimm gerne Kontakt auf und hilf mit bei der Organisation. Selbstverwaltete Orte sind offene Räume. Einfache Zugänglichkeit und Möglichkeiten zur Mitgestaltung sind wichtige Bestandteile ihres Konzepts. Die Orte leben davon, dass Menschen sie gestalten! Komm also vorbei und gestalte mit uns das solidarische Dortmund von morgen!
[1] Lux (2018): Revolte der Abgehängten? Zum Verhältnis von Rechtspopulismus und sozialer Ungleichheit https://www.wsi.de/de/blog-17857-17870.htm